Im Forum war der „Edelswinger“ das Thema. Was genau das ist, konnte keiner so recht sagen. Wahrscheinlich Leute, die ein bissl schicker als der Standard-Swinger sind und es – Skandal – auch nicht mit jedem treiben wollen.
Ich habe mich auch im Thread ausgelassen, bin aber bei einem ganz anderen Thema gelandet:
Gemeinschaft der Swinger. Von älteren Swingern hört man so etwas häufiger; als man sich in den 60er Jahren reihum zu Privatparties traf, es jeder mit jedem – dazu noch ohne Angst vor bösen Geschlechtskrankheiten – wild trieb und alles insgesamt besser war, soll’s so etwas tatsächlich gegeben haben.
Ähnliche Geschichten hört man auch von Mitgliedern anderer Gruppierungen, z. B. Campern („damals haben noch alle beim Zeltaufbau geholfen, heute sitzt jeder vor seinem eigenen Fernseher“), Bikern, Kaninchenzüchtern („und als mein Rammler gestorben ist, habe ich SOFORT drei andere angeboten bekommen, kostenlos“).
Aber war’s tatsächlich so? Frau X wird genau so eifersüchtig auf Frau Y gewesen sein wie heute, wenn ihr Mann Frau X etwas länger als erwünscht auf die (größeren) Titten geschaut hat und Herr Y wird vielleicht auch „Edelswinger“ gedacht haben, nur weil Herr Y ein größeres Auto fuhr und Frau Y so viele Büstenhalter schenkte, so dass diese sich 3 x pro Privatparty umzog. Und auch damals schon wird es Leute gegeben haben, die unter ihresgleichen – was auch immer sie sich darunter vorstellten – geblieben sind, genau so wie Außenstehende der Meinung waren, dass diese Gruppierungen nur aus Gründen des höheren Besitzstandes unter sich bleiben wollen und über alle anderen schlecht reden.
Und wo ich gerade mal dabei bin, Leute aus ihren Träumereien zu reißen: Auch damals gab’s schon Geschlechtskrankheiten und wenn mein Großvater etwas länger nachdenkt, wird er sich vielleicht auch daran erinnern, dass ihm auch nur seine Kumpel beim Zeltaufbau geholfen haben und er für den Rammler eine Edelsalami und ’nen Kasten Bier springen lassen musste.
Selbst wenn es mal eine solche Gemeinschaft gegeben hätte, wäre sie überhaupt wünschenswert?
Uns eint nun alle die mehr oder weniger ähnliche Einstellung zur Sexualität und Erotik mit anderen. Und was noch?
In meinem Fitnessstudio (uns eint immerhin die Einstellung, dass man für seinen Körper etwas tun sollte) oder Bonsaizüchterverband (uns eint die Liebe zu kleinen Bäumen, und wir haben alle Blumendraht im Haus) würde niemand auf die Idee kommen, dass wir nun eine eingeschworene Gemeinschaft bilden müssen, geschweige denn uns alle lieb haben müssen.
Hier – ich picke mir mal das Fitnessstudio raus – kann ich neben- und miteinander trainieren und kann dabei problemlos denken „meine Güte, ist der hässlich und dumm obendrein“. Sogar ein kleines Fachgeplänkel am Rande ist unter dieser Prämisse möglich. Ansonsten bleibe ich dort mit meiner Clique – neudeutsch Homiez – zusammen und suche mir, wenn ich denn unbedingt neue Leute kennen lernen will, diejenigen heraus, die mir gefallen. Ob ich das nun am gleichen orangenen Kleinwagen, am gleichen IQ oder an einem weiteren Hobby festmache, bleibt mir und meinem Gegenüber überlassen.
In sämtlichen Lebensbereichen fährt man mit dieser Einstellung gut. Warum soll unter Swingern nun alles anders sein oder werden?
Eine ideale Swingergemeinschaft stelle ich mir so vor, dass ich nicht mit lautem Grölen irgendwo empfangen werde, nur weil man u. a. die gleichen Foren frequentiert. Mein Freund muss sich nicht von hässlichen Frauen an den Schwanz fassen lassen müssen, nur weil er mit ihnen mal gechattet hat und ihre andern Chatbekanntschaften sie nie abgewiesen haben. Ich muss mir nicht von jedem ungefragt an den irgendwohin fassen lassen und ich muss auch nicht mit jedem sprechen wollen. Wenn ich gar nichts anders zu tun habe, will ich mich auch 10 x pro Abend umziehen und nachschminken dürfen und den Club als Catwalk benutzen können.
Ich will mit meinen Bekannten zusammen bleiben können, ohne dass jemand nervt oder sich daran stört und genau so will ich neue Kontakte finden können, immer je nach Gusto. Nur mir und meinem aktuellen Gegenüber muss dies zu diesem Zeitpukt in den Kram passen.
Nebenher bemerkt: Ist es denn wirklich so, dass die Swinger, die auf große Gemeinschaft machen, alle so lieb haben und lieb sind? Da wird doch auch gelästert ohne Ende, das Lästeropfer allerdings hinterher strahlend begrüßt mit, „… hach, was haben wir uns lange nicht gesehen, wo ist denn die liebe Gattin“.
Da ist mir doch der „Edelswinger“ lieber, der mir ins Gesicht sagt, dass mein Kleinwagen erst mal genau so ein Stück wachsen muss wie meine Titten und mein Job ein bissl höher dotiert werden muss, bevor er noch einmal das Wort an mich richtet – wenn denn der vermeintliche Edelswinger tatsächlich so denkt.
…bleibt zu erwähnen, dass ich weder Mitglied im Fitnessstudio, noch in irgendeinem Bonsai-Verband bin.
20.01.07
Obwohl wir uns enorm anstrengen, fällt uns dazu nichts mehr ein, ohne selber wiederum
in Klugscheißerei zu verfallen. Vielleicht ist die Komik ohne Worte eine erfolgreiche Vermeidungsstrategie und das Swin-gerl-eben ganz einfach, wenn es ausgelebt wird und Unsinn lässt sich bekanntlich auch durch Schweigen vermeiden: Hättest du geschwiegen, wärst du Philosoph geblieben (Geht auch auf Latein, muss aber nicht sein?).
… „doch jetzt mach ich lieber Schluss, weil´s sonst traurig werden muss“ …
Soll heißen: Es ist jedes mal anders, mit Fingerspitzengefühl und Empathie.
See you later!
Man sieht sich ja nackt … da gibt es nichts mehr zu verstecken mit Seele im Blick.